Sprache und Dialekt Siziliens – zwischen Klang, Geschichte und Gegenwart
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Sprache und Dialekt Siziliens – zwischen Klang, Geschichte und Gegenwart
Sizilien klingt anders. Schon wer nur ein paar Tage dort verbringt, merkt schnell: Das Italienisch auf der Insel hat seinen ganz eigenen Rhythmus. Und manchmal ist es gar kein Italienisch.
Der sizilianische Dialekt – oder besser: die sizilianische Sprache – ist ein faszinierendes Sprachgebilde. Er wurzelt tief in der Geschichte: Griechisch, Arabisch, Latein, Französisch, Spanisch – alles hat Spuren hinterlassen. Kein Wunder, wenn man bedenkt, wie oft die Insel den Besitzer gewechselt hat. Jede Macht brachte Worte mit, die geblieben sind.
Beispiel? Das sizilianische Wort “zibbibbu“ (für Muskatellertraube) stammt aus dem Arabischen “zabīb“ – Rosine. Oder “azzizzari“ (schmücken, schön machen), verwandt mit dem arabischen “ʕazzīz“, also „kostbar“. Man hört die Geschichte, wenn man hinhört.
Eine bedrohte Sprache
Offiziell gilt Sizilianisch in Italien als „bedrohte Sprache“ – die UNESCO listet es so. Das heißt: Sie wird noch gesprochen, aber immer weniger. Besonders in Städten und unter Jüngeren rückt Standarditalienisch nach vorne. In den Schulen, in den Medien, auf Social Media. Wer Sizilianisch spricht, tut das oft zu Hause, mit der Familie oder im Dorf.
Viele ältere Menschen erzählen, wie sie in der Schule dafür ermahnt wurden, „nicht im Dialekt zu sprechen“. Jahrzehntelang galt Sizilianisch als Sprache der einfachen Leute – „nicht fein genug“. Heute ändert sich das langsam. Junge Leute schreiben wieder in sizilianischer Sprache – in Liedtexten, Gedichten, Memes.
Und doch: Der Dialekt ist im Alltag oft leiser geworden.
Textnormierung – eine schwierige Angelegenheit
Ein interessantes Thema ist die Textnormierung des Sizilianischen. Denn: Eine feste Rechtschreibung gibt es nicht. Und das macht’s kompliziert.
Es gibt zwar Versuche – z. B. von der Accademia della Lingua Siciliana oder in Projekten wie Arba Sicula (in den USA), die sich um Einheitlichkeit bemühen. Aber: Sizilianisch ist nicht gleich Sizilianisch. Zwischen Palermo, Catania und Messina liegen Welten. Unterschiedliche Aussprache, andere Grammatik, andere Wörter.
Wenn man alte Texte liest – etwa Gedichte aus dem 19. Jahrhundert – merkt man schnell, wie unterschiedlich geschrieben wurde. Manche Autoren hielten sich an italienische Orthographie, andere versuchten, den Klang nachzuahmen.
Heute nutzen viele Sizilianisch-Sprecher in sozialen Medien eine Art moderne Mischform: halb normiert, halb frei. Hauptsache verständlich. Und irgendwie authentisch.
Alte Texte – moderne Nutzung
Es gibt inzwischen einige digitale Projekte, die alte sizilianische Texte zugänglich machen – von mittelalterlichen Gedichten bis zu Volksliedern. Besonders spannend: Die Kombination aus moderner Technik und alter Sprache.
Zum Beispiel werden alte Gedichtsammlungen digitalisiert und mit phonetischer Übersetzung versehen. So können junge Sizilianer heute auf TikTok Gedichtzeilen lesen, die ihre Urgroßeltern gesprochen hätten. Eine seltsame, aber schöne Verbindung.
Und das funktioniert: Die Sprache lebt wieder ein Stück, sobald sie im Alltag sichtbar ist.
Persönlicher Blick
Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem älteren Mann in Agrigent. Er sprach so schnell und voller Dialekt, dass ich kaum folgen konnte. Und trotzdem verstand ich ihn – irgendwie. Der Klang, die Gestik, die Wärme.
Vielleicht ist das das Entscheidende: Sizilianisch ist mehr als Sprache. Es ist ein Klangraum. Ein Gefühl. Wenn jemand „Beddu!“ sagt, klingt das anders als „Bello“. Es hat mehr Körper.
Sprachen sterben nicht einfach, sie verändern ihre Form. Und manchmal, wenn sie Glück haben, kommen sie zurück – digital, laut, neu erfunden.
FAQ
Wird Sizilianisch heute noch gesprochen?
Ja, vor allem auf dem Land und in Familien. In Städten dominiert Italienisch, aber Sizilianisch bleibt lebendig – besonders in Musik, Theater und Online-Projekten.
Ist Sizilianisch ein Dialekt oder eine eigene Sprache?
Sprachwissenschaftlich gesehen ist es eine eigenständige romanische Sprache mit vielen Einflüssen. Politisch wird es aber oft als Dialekt des Italienischen betrachtet.
Wie viele Menschen sprechen Sizilianisch?
Schätzungen variieren stark – zwischen 4 und 5 Millionen Menschen verstehen oder sprechen es zumindest teilweise.
Warum gilt Sizilianisch als bedroht?
Weil es kaum im Bildungssystem vorkommt und in jüngeren Generationen an Bedeutung verliert. Der Sprachgebrauch verschiebt sich zunehmend zum Standarditalienischen.
Wie kann man Sizilianisch lernen?
Es gibt Online-Kurse, YouTube-Kanäle, Sprachgruppen auf Facebook oder Instagram-Seiten, die einfache Vokabeln und Ausdrücke vermitteln. Bücher sind selten, aber es gibt einige zweisprachige Ausgaben alter Texte.
Gibt es ein einheitliches Sizilianisch?
Nein. Es gibt viele Varianten – westliches, zentrales und östliches Sizilianisch unterscheiden sich stark. Eine einheitliche Norm wird zwar diskutiert, ist aber noch nicht durchgesetzt.
Meta-Beschreibung:
Ein authentischer Blick auf die sizilianische Sprache – ihre Geschichte, Dialekte, moderne Nutzung und warum sie als bedroht gilt. Mit persönlichen Eindrücken und FAQ.
Labels:
Sizilien, Sprache, Dialekt, Sizilianisch, bedrohte Sprachen, Linguistik, Kultur, Italien, Sprachgeschichte, Textnormierung, Sprachwandel
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