Franco in Sizilien Teil 8: Wenn ganz Palermo den Campingplatz stürmt - Nationalfeiertag mal anders

 

Franco in Sizilien Teil 8: Wenn ganz Palermo den Campingplatz stürmt - Nationalfeiertag mal anders

1. Juni, später Nachmittag - Campingplatz bei Palermo

Mamma mia! Was für ein Tag heute war. Als ich heute Morgen aus meinem Camper gekrochen bin, ahnte ich noch nicht, was auf mich zukommen würde. Der Campingplatz hier in der Nähe von Palermo war gestern noch eine Oase der Ruhe – heute gleicht er einem Ameisenhaufen kurz vor dem Sommerfest.

Der Ansturm beginnt

Bereits um 9 Uhr morgens fing das große Spektakel an. Auto um Auto rollte auf den Platz, beladen bis unters Dach mit Zelten, Grillausrüstung, Kühlboxen und vor allem: Unmengen von Menschen. Ganze Familien, Freundesgruppen, Pärchen – alle mit demselben Ziel. Raus aus der Stadt, rein in die Natur.

"Franco", dachte ich mir, "da ist wohl was Besonderes los." Und wie recht ich hatte! Morgen, am 2. Juni, ist Nationalfeiertag in Italien – die Festa della Repubblica. Und ganz Palermo scheint beschlossen zu haben, diesen Tag in der freien Natur zu verbringen.

Italien am 2. Juni: Festa della Repubblica

Für alle, die es nicht wissen: Der 2. Juni ist für Italien das, was der 4. Juli für Amerika ist. An diesem Tag im Jahr 1946 entschieden die Italiener in einem Referendum, dass sie eine Republik werden wollten – Goodbye Monarchie, hello Demokratie! Seitdem wird dieser Tag jedes Jahr groß gefeiert.

Normalerweise gibt es in Rom eine große Militärparade, überall im Land finden Feierlichkeiten statt, und die meisten Italiener haben frei. Perfekt also für einen spontanen Campingausflug! Und genau das scheint die halbe Bevölkerung Palermos gedacht zu haben.


Auch der Strand ist hoffnungslos überlaufen.


Chaos mit italienischem Charme

Gegen Mittag war klar: Dieser Campingplatz würde heute seine Grenzen kennenlernen. Wo gestern noch entspannte Ruhe herrschte, kämpfen jetzt Familien um die letzten freien Plätzchen. Aber typisch italienisch läuft alles mit einem Lächeln und viel Gestikulieren ab.

"Scusi, scusi!" ruft eine Nonna mit einem Zelt, das größer ist als mein Camper. Ihr folgen gefühlt 20 Familienmitglieder, von Babys bis zu Urgroßvätern. Alle haben etwas dabei – Luftmatratzen, Campingstühle, portable Grills und natürlich jede Menge Essen.

Ein Vater versucht gerade, sein Zelt aufzubauen, während drei Kinder um ihn herumtanzen und "Papà, quando mangiamo?" rufen. Seine Frau dirigiert derweil das Ausladen des Autos mit der Präzision eines Verkehrsleiters am Bahnhof Rom.

Der Campingplatz als Soziales Experiment

Was für ein faszinierendes Schauspiel! Hier entsteht gerade eine temporäre Stadt. Aus dem entspannten Campingplatz wird innerhalb weniger Stunden eine pulsierende Mini-Metropole. Palermo auf dem Campingplatz – das ist Italien in Reinkultur.

Die Geräuschkulisse ist unbeschreiblich. Kinder schreien vor Freude, Väter rufen sich Anweisungen zu ("Nicht da, hier!"), Mütter koordinieren das Chaos und dazwischen brutzelt es aus allen Richtungen. Der Duft von gegrilltem Fleisch, frischen Tomaten und sizilianischen Gewürzen liegt in der Luft.

Ich sitze hier in meinem Campingstuhl und beobachte das Treiben wie einen faszinierenden Film. Ein älterer Herr hat seine Angelrute ausgepackt und marschiert Richtung Meer – mitten durch das Zelt-Chaos. Eine Gruppe Teenager hat ihre Bluetooth-Box angeschmissen und tanzt zu italienischer Pop-Musik.

Wenn aus Nachbarn Familie wird

Das Schönste an diesem ganzen Chaos: Binnen kürzester Zeit sind aus fremden Menschen Nachbarn geworden. Der Herr im Zelt nebenan hat mir bereits einen Espresso angeboten (natürlich habe ich ja gesagt!), und die Familie auf der anderen Seite fragt, ob ich heute Abend zum Grillen dazukommen möchte.

"Sei della Germania?" fragt mich eine freundliche Signora. Als ich ihr erzähle, dass ich eigentlich aus Frazzanò komme, aber seit Jahren mit dem Camper unterwegs bin, strahlt sie: "Ah, un vero siciliano!" Plötzlich bin ich nicht mehr der Tourist, sondern einer von ihnen.

Camping-Kultur à la Siciliana

Was hier passiert, ist mehr als nur Camping – es ist gelebte sizilianische Kultur. Familien nehmen buchstäblich ihr ganzes Zuhause mit: Espressokocher, Pastadosen für eine ganze Armee, selbstgemachte Tomatensauce von der Nonna und natürlich die unverzichtbare Moka-Kanne.

Ein Blick auf die Nachbarfamilie zeigt mir: Dort wird gerade eine komplette Küche aufgebaut. Gaskocher, Töpfe, Pfannen, Geschirr für mindestens 15 Personen. "Domani è festa!" ruft der Patriarch der Familie und grinst dabei. Morgen ist Feiertag – da wird nicht gekleckert, sondern geklotzt!

Die Nacht der 1000 Zelte

Als die Sonne langsam untergeht, wird das wahre Ausmaß der Invasion sichtbar. Der Campingplatz ist randvoll. Überall stehen Zelte, als hätte jemand ein buntes Konfetti über die Wiese gestreut. Familienzelte neben Zwei-Mann-Zelten, Campingbusse neben Luxus-Wohnwagen.

Die Kinder sind längst nicht mehr zu bändigen. Sie rennen zwischen den Zelten umher, spielen Fußball (natürlich!), und die Mutigsten wagen sich schon mal ins noch kühle Meer. Die Erwachsenen haben ihre Campingstühle in geselligen Runden aufgestellt und diskutieren lebhaft – vermutlich über alles von der Politik bis zum besten Rezept für Pasta alla Norma.

Mein kleines Camping-Paradies wird zur Party-Zone

Mein treuer Camper, der gestern noch königlich alleine auf seinem Stellplatz thronte, ist jetzt umzingelt von sizilianischen Familien. Links von mir hat sich eine Großfamilie aus Palermo niedergelassen – drei Generationen, fünf Zelte, ein portabler Kühlschrank (wie haben die den hierher bekommen?!) und genug Essen für eine Woche.

Rechts von mir campiert eine Gruppe junger Leute, die offensichtlich beschlossen haben, den Nationalfeiertag zu einer mehrtägigen Beach-Party zu machen. Ihre Gitarre kommt bereits zum Einsatz, und ich höre bekannte italienische Lieder, die sofort Erinnerungen an meine Jugend wecken.

Nationalstolz trifft Familientradition

Was mich wirklich berührt: Trotz des ganzen Chaos spürt man überall den italienischen Nationalstolz. Viele haben kleine Trikolore-Fähnchen an ihren Zelten befestigt, und ich höre immer wieder Gespräche über die Bedeutung des morgigen Tages.

"È importante che i bambini capiscano", sagt eine Mutter zu ihrem Mann. Es ist wichtig, dass die Kinder verstehen. Verstehen, was es bedeutet, in einer freien Republik zu leben. Zwischen Campingstuhl und Grillwurst wird hier nebenbei noch ein bisschen Geschichtsunterricht erteilt.

Wenn die Stadt aufs Land kommt

Palermo ist heute aufs Land gezogen – zumindest gefühlt die Hälfte davon. Der Kontrast könnte größer kaum sein: Gestern noch die Stille der Natur, heute das lebhafte Treiben einer italienischen Piazza, nur eben zwischen Zelten und unter freiem Himmel.

Und weißt du was? Es ist wunderschön! Dieses Chaos, diese Lebensfreude, diese Art, jeden Anlass zu einer kleinen Feier zu machen – das ist Italien, wie ich es liebe. Mein ruhiger Campingplatz ist zu einer riesigen Open-Air-Party geworden, und ich mittendrin.

Vorbereitung auf den großen Tag

Während ich diese Zeilen schreibe, laufen um mich herum die Vorbereitungen für morgen auf Hochtouren. Grills werden aufgebaut, Tische arrangiert, Lichterketten gespannt. Es sieht aus, als würde hier morgen nicht nur der Nationalfeiertag gefeiert, sondern als käme der Papst höchstpersönlich zu Besuch.

Die Kinder werden langsam müde, aber die Aufregung ist zu groß zum Schlafen. "Domani è festa!" rufen sie immer wieder und hüpfen dabei herum wie kleine Gummibälle. Ihre Eltern versuchen halbherzig, sie zur Ruhe zu bringen, aber die Vorfreude ist einfach zu ansteckend.

Meine Rolle im Camping-Theater

Ich bin heute vom stillen Beobachter zum unfreiwilligen Hauptdarsteller in diesem Camping-Theater geworden. Mein Camper ist zum Orientierungspunkt geworden ("Links vom deutschen Wohnmobil!"), und ich selbst bin der "Franco, der nette Deutsche, der eigentlich Sizilianer ist".

Drei verschiedene Familien haben mich bereits zum morgigen Festessen eingeladen. Wie soll ich da nein sagen? Festa della Repubblica mit echten sizilianischen Familien feiern – davon träumen andere Reisende!

Die Nacht bricht an

Jetzt, da die Dunkelheit hereinbricht, wird das wahre Ausmaß dieser spontanen Camping-Stadt sichtbar. Überall flackern kleine Lichter, Lagerfeuer werden angezündet (hoffentlich legal!), und aus verschiedenen Richtungen höre ich Gitarrenmusik und Gesang.

Morgen wird ein unvergesslicher Tag. Ein italienischer Nationalfeiertag auf einem überfüllten Campingplatz bei Palermo, mittendrin ein "deutscher" Camper mit sizilianischen Wurzeln. Manchmal schreibt das Leben die besten Geschichten selbst.

Buonanotte, domani è festa!


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Meta-Beschreibung: Franco erlebt den italienischen Nationalfeiertag am 2. Juni hautnah: Sein ruhiger Campingplatz bei Palermo verwandelt sich in eine riesige Festa della Repubblica mit hunderten sizilianischen Familien.

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